Holocaust-Gedenktag in Zossen - Nie wieder ist jetzt!

27.01.2024

Holocaust-Gedenktag in Zossen - Nie wieder ist jetzt!
Etwa 130 Menschen nahmen an der Gedenkveranstaltung zum Holocaust-Gedenktag in Zossen teil. Traditionell wird der Tag in Zossen mit einem Lauf entlang der sieben Zossener Stolpersteine begangen. Diesmal gab es zuvor eine Gedenkveranstaltung im Saal der evangelischen Kirchengemeinde Zossen.
 
Unter dem Motto „Nie wieder - gemeinsam gegen Rechts“ hielten Pfarrer Christian Guth und Bürgermeisterin Wiebke Sahin Schwarzweller Ansprachen. Kurt Liebau vom Verein Bildung und Aufklärung Zossen zeigte auf, wie sich der der Umgang mit jüdischen Mitbürger*innen Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts in Zossen entwickelte. Deutlich wurde wie schnell eine Gesellschaft gespalten werden kann. In schrecklicher Weise kann am Beispiel der Nationalsozialisten aufgezeigt werden, wie schnell es geht, wenn Vorurteile, wenn Rassismus, wenn Hass gepredigt und propagandistisch verbreitet werden, die Tendenz dann auch naheliegt, dass Propaganda in Praxis umgesetzt wird.
 
Der Keim für die späteren Verbrechen des Holocaust war schon früh angelegt. Beschlossen wurde die systematische Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Europa am 20. Januar vor 82 Jahren auf der Wannsee-Konferenz in Berlin. Dort trafen sich fünfzehn hochrangige Vertreter der nationalsozialistischen Reichsregierung, der SS-Behörden um unter dem Vorsitz des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich den begonnenen Holocaust an den Juden im Detail zu organisieren und die Zusammenarbeit der beteiligten Instanzen zu koordinieren.
 
Der idyllisch gelegene Ort am Wannsee liegt nur acht Kilometer entfernt vom Potsdamer Hotel Landhaus Adlon am Lehnitzsee. Dort hat laut einem Bericht des Recherchezentrums Correctiv vor etwa zwei Monaten ein geheimes Treffen rechtsextremer Aktivisten, AfD-Politiker und einflussreicher Unternehmer stattgefunden. Auch Mitglieder der CDU und der konservativen Werteunion waren dabei. Vorgestellt und diskutiert wurde der „Masterplan“ für die Vertreibung von Millionen „nicht assimilierter“ Menschen aus Deutschland. Am Beispiel des Nationalsozialismus kann nachvollzogen werden wie schnell die Dämme brechen können - es geht manchmal ganz, ganz schnell. Das Treffen in Potsdamer Hotel Adlon am Lehnitzsee zeigt, dass unsere Demokratie wehrhaft sein muss.

 

Nach der Gedenkveranstaltung im Saal der evangelischen Kirchengemeinde Zossen gingen die Teilnemenden zu den sieben Stolpersteinen auf dem Marktplatz, der Berliner Straße und der Stubenrauchstraße.
Am Marktplatz 16 sind Stolpersteine Alex, Felix, Charlotte und Gerda Falk gewidmet. In der Berliner Straße 11 wird mit Stolpersteinen an Lesser und Martha Weinberg erinnert. Weinbergs und Falks haben den Holocaust nicht überlebt.
Sie wurden in faschistischen Vernichtungslagern umgebracht - die Familie Falk im Vernichtungslager Auschwitz und das Ehepaar Weinberg im Konzentrationslager Theresienstadt.
 
Für den Stolperstein für Werner Robert Dalen in der Stubenrauchstraße 4 war ich mit einigen Mitstreitern der BI Zossen zeigt Gesicht im Landeshauptarchiv, um seinen Lebens- und Leidensweg zu recherchieren.
Dalen wurde am 10. Juni 1879 in Bromberg in Posen geboren. Ab 1922 lebte er in Zossen, wo er sich als Rechtsanwalt und Notar niederließ und bis 1939 lebte. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurden ihm die Zulassungen für seine Rechtsanwalts- und Notartätigkeit entzogen. Dann zog er nach Berlin zu Verwandten und musste ihm zugewiesene Arbeit aufnehmen und hinnehmen, dass sein Vermögen schrittweise konfisziert wurde. Schließlich wurde er im Oktober 1941 ins Ghetto Litzmannstadt deportiert. Dort kam er am 22. Januar 1942 ums Leben. Wenige Tage später wurde sein Zimmer in Berlin begutachtet. Seine zurückgelassenen Sachen wurden aufgenommen und bewertet. Der Schätzwert des gesamten Inventars wurde mit 209 RM angegeben. In der Auflistung heißt es u.a. zwei Paar Schuhe - „wertlos“. Die Akte „Dalen“ zeigt die verwaltungstechnische Abarbeitung eines Vernichtungsvorgangs.
Letztlich wurde das Funktionieren des Vernichtungsräderwerkes auch nur möglich, durch diese verwaltungstechnische Abarbeitung - durch arbeitsteilig, strukturierte Abläufe die möglichst viel Anonymität bzw. Distanz zu den Opfern ermöglichte.
 
Die Wannseekonferenz zeigt, dass es in modernen arbeitsteiligen Gesellschaften möglich ist, dafür zu sorgen, wenn sich verschiedene exekutive Organisationen in den barbarischen Methoden und Zielen einig sind, solche barbarischen Ziele auch Realität werden zu lassen.
 
Hintergrund: Vor 79 Jahren am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee der Sowjetunion das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Auschwitz ist der Inbegriff für den Holocaust. Das millionenfache Leid und die massenhafte Vernichtung jüdischen Lebens in Europa ist ein einzigartiges Menschheitsverbrechen. Die Erinnerung an den Holocaust darf nie verblassen.

 

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