Ausstellungsrückblick „Zossen´33“

11.11.2013

Die „Machtübergabe“ an Adolf Hitlers führte zur Machtübernahme der Nationalsozialisten - der NSDAP - und zum Ende der Demokratie in Deutschland. Hierbei spielten die Städte und Gemeinden im Dritten Reich eine wichtige Rolle. Aus Sicht des Regimes erfüllten sie wichtige Funktionen: So u. a. für die Festigung des Regimes, bei der Verfolgung Andersdenkender oder bei der Ausgrenzung und Vernichtung jüdischer Einwohner.

Ohne die Kommunen hätte die NS-Politik nicht so "effektiv" und flächendeckend durchgesetzt werden können. Es gibt wohl kaum eine Verfolgungsmaßnahme, bei der kommunale Stellen nicht einbezogen oder wenigstens darüber unterrichtet gewesen wären.
 
Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass die Rolle der Kommunen bislang kaum aufbereitet wurde.
 
Die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ hat sich diesem Thema für die Stadt Zossen angenommen und eine Ausstellung vorbereitet und von Juni bis September 2013 unter dem Titel „Zossen ´33“ in der Fischerstraße 26 präsentiert.
 
Dieser lokale Bezug stieß, das wurde in den zahlreichen Gesprächen deutlich, auf großes Interesse.

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Über 250 Besucher nutzten die Gelegenheit um sich über diesen Teil der Zossener Geschichte zu informieren.

Es kamen Besucher, die Fotos, Dokumente und neue Informationen mit Bezug auf die NS-Zeit in Zossen mitbrachten. Besonders berührend waren die Begegnungen mit Angehörigen von Opfern der Verhaftungen am 29. Juni 1933, die teilweise nur wegen der Ausstellung nach Zossen gekommen waren. Zu Gast waren aber auch Angehörige der Täter.
 
Die mit der Ausstellungserarbeitung befassten BI-Mitglieder waren berührt von dem mit der Recherchearbeit verbundenen detaillierten Einblick in Originalakten zu den Vorgängen der Verfolgung,  der Ausgrenzung, der Gleichschaltung und der Zerschlagung der demokratischen Strukturen in Zossen. 
  
Überrascht waren die BI-Mitglieder von dem ernsten Umgang der Schülerinnen und Schüler, die die Ausstellung besucht haben. Auch hier war es der regionale Bezug und der Brückenschlag zur heutigen Situation in Bezug auf die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus die immer wieder thematisiert und diskutiert wurden.
 
In zwei gut besuchten Veranstaltungen konnten einzelne Themen weiter vertieft und interessante Zusammenhänge herausgearbeitet werden.
 
Die Ausstellung zeigt die Rolle der Kommunalverwaltung insbesondere in den ersten Monaten des Jahres 1933. Die kommunale Selbstverwaltung mit dem gewählten Stadtparlament wurde von der NSDAP parasitär ausgenutzt und schließlich mit der Auflösung des Parlaments zersetzt. Die Nazionalsozialisten haben die demokratischen Strukturen genutzt um an die Macht zu kommen um anschließend die Demokratie abzuschaffen.
 
Einen zentralen Platz unter den 15 Tafeln nehmen die Verhaftungen der Zossener Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftler und anderer Andersdenkender am 29. Juni 1933 auf dem alten Schulhof in Zossen ein und die Anschließende Verbringung in Konzentrationslager. Die Ausstellung zeigt die Opfer und auch die Täter. Mit dieser von der Kommunalverwaltung vorbereiteten Verhaftungsaktion - der Befehl kam vom Bürgermeister!! - verschärfte sich in der Stadt ein Gefühl der Angst und Ohnmacht.
 
Aufbereitet wurde aber auch die Rolle des Arbeitsamtes, dass sich von einer Arbeitslosenvermittlung zu einer Behörde entwickelte, die einen zwangsweisen Arbeitsdienst organisierte, die Rolle der Justiz zur Festigung des NS-Regimes und die Rolle der Kirche, die hinter den Erwartungen zurückblieb. Einzig der Diakon der evangelischen Gemeinde Zossen, Emil Phillip, übte Kritik an den Machenschaften des NS-Regimes.
 
Nicht zu vergessen ist in Zossen/Wünsdorf die Rolle des Militärs – mit der Wiederaufrüstung und dem damit verbundenen Bruch des Friedensvertrages von Versailles.  Parallel zur Aufrüstung der Wehrmacht und der Kriegsvorbereitung, verschärfte das NS-Regime die Verfolgung jüdischer Mitbürger erneut. Das führte 1938 – auch in Zossen - zur Progromnacht und letztlich zum Völkermord an den Juden.
 
Das Schicksal der jüdischen Zossener wurde in der Ausstellung ebenfalls dargestellt.
Vor fast einem Jahr hat die BI Zossen zeigt Gesicht einen Stolperstein für Werner Dalen in der Stubenrauchstraße 4 verlegt.
 
Bei der Verlegung des Stolpersteines hat die BI den früheren Bundespräsidenten Roman Herzog mit folgenden Worten zitiert: "Wir dürfen es nie mehr zulassen, dass Menschsein abhängig gemacht wird von Rasse oder Herkunft, von Überzeugung oder Glauben, von Gesundheit oder Leistungsfähigkeit." Menschsein kommt jedem Menschen zu - eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit – muss aber wohl immer wieder deutlich gemacht werden.
 
Und so hat die BI auch in der Ausstellung einen Brückenschlag zur heutigen Situation hergestellt. Denn wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass es auch heute in Zossen Holocaustleugner gibt und Menschen, die Andersdenkende bedrohen und sogar Gebäude in Brand stecken.   
 
Aktuell stellt sich die Frage, wie wir mit Menschen umgehen, die Hilfe benötigen. In Syrien gibt es eine humanitäre Katastrophe. Millionen Menschen mussten aus dem Land fliehen. Die Bundesrepublik hat daher die Aufnahme von Flüchtlingen zugesagt. Wir sollten in Zossen bereit sein Hilfe zu leisten, und Flüchtlinge aufzunehmen – auch das ist eine Lehre aus der Vergangenheit.
 
Was die Ausstellung der Bürgerinitiative betrifft, so möchte die BI die Aufarbeitung dieses Teils der Zossener Geschichte fortsetzen und durch weitere Themenpunkte ergänzen. Die kommenden Jahre geben Anlass, das Gedenken und die Erinnerung fortzusetzen.

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