Bewegende Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz in Zossen

31.01.2012

Am Freitagabend (27. Januar 2012) nahmen etwa 60 Gäste an der Gedenkveranstaltung anlässlich des Holocaustgedenktages und des Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus teil.

Der Berliner Historiker Dr. Hans Coppi sprach auf dem Marktplatz zu den Versammelten über seinen Lebensweg, der im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße am 27. November 1942 begann. 8 Monate später, am 5. August 1943 starb seine Mutter, Hilde Coppi, in Berlin-Plötzensee unter dem Fallbeil. Ihren Mann Hans hatten die Nazis bereits am 22. Dezember des Vorjahres hingerichtet. Ihr ließ man nur die Zeit, um den gemeinsamen Sohn Hans zu gebären und acht Monate lang zu stillen. Die Eltern gehörten der antifaschistischen Widerstandsgruppe Rote Kapelle an.

Hans Coppi erinnerte auch an den 29. Juni 1933. An diesem Tage wurden in Zossen auf dem Gelände der ehemaligen Berufsschule 52 Mitglieder der KPD –  wahrscheinlich der gesamte Zossener Ortsverband – sechs der SPD und 32 weitere Nazigegner von SA-Angehörigen misshandelt und verhört. 32 Kommunisten und Sozialdemokraten wurden zu Rädelsführern stilisiert und noch in derselben Nacht in das Konzentrationslager Oranienburg verschleppt.

Den gesamten Redebeitrag von Hans Coppi finden Sie hier.


Bei einem anschließenden halbstündigen Gang wurde an der Gedenktafel am Zossener Kirchplatz an die Opfer des Nationalsozialismus gedacht. An den Stolpersteinen auf dem Marktplatz und in der Berliner Straße wurde an die Zossener Opfer des Holocaust erinnert. Dazu waren beleuchtete Tafeln mit Informationen zu den jüdischen Familien aufgestellt. Erinnert wurde auch an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Zossen, die noch keinen Stolperstein haben, so beispielsweise an Werner Robert Dalen (1879-1942), Rechtsanwalt und Notar, der ab 1932 in der Berliner Straße 15 tätig war.

Zum Abschluss des Gedenktages in Zossen sprach Professor Wolfgang Wippermann zum Thema: „Ist Antifaschismus eine Form des Extremismus?“. Prof. Wippermann, Privatdozent für Neuere Geschichte an der FU Berlin, hat in einer Reihe von Veröffentlichungen die “Extremismustheorie” in pointierter Weise aufs Korn genommen. Der Extremismusbegriff soll das Gleichsetzen von Links und Rechts erleichtern – aber wie berechtigt ist die sogenannte Extremismustheorie?

Er stellte in seinem diskussionswürdigen Vortrag dar, dass in Zusammenarbeit mit Verfassungsschutzbehörden dieser politische „Kampfbegriff“ Eingang in den Wissenschaftsbetrieb gefunden und somit akademische Weihen erhalten hat. Scharf kritisierte er Prof. Dr. Jesse von der Universität Chemnitz, der seit Jahren als sogenannter „Extremismusexperte“ linke Positionen mit rechtsextremer und gar neonazistischer Hetze gleichsetzt. Dieser Begriff diene keinesfalls nur der (moralischen) Diskreditierung jedweden Politik-Verständnisses, das von dem Ziel der auf eine “politische Mitte” gestützten Wahrung eines gesellschaftlichen Status quo abweicht; er hatte vielmehr auch gravierende demokratiepolitische Konsequenzen etwa in Gestalt der Berufsverbote für “Extremisten”.

In diesem Zusammenhang erinnerte Prof. Wippermann an den 28. Januar 1972, als der sogenannte „Radikalen-Erlass“ beschlossen wurde und an die von Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schrödert 2011 eingeführte "Extremismusklausel".

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