Doppelhaushalt 2020/21 und Haushaltssicherungskonzept für Zossen beschlossen
03.07.2020
Der Haushalt ist die finanzielle Grundlage des kommunalpolitischen Geschehens unserer Stadt. Seit Jahresanfang verfügte die Stadt über keinen gültigen Etat und konnte nur bedingt Aufwendungen und Auszahlungen vornehmen. Mit dem nun beschlossenen Doppelhaushalt legen wir die Grundlagen für unser Handeln in diesem Jahr, das zugegebenermaßen schon halb rum ist, und für das kommende Jahr.
Zum Glück konnte die SVV am 01.07.2020 tagen. Im Vorfeld gab es durch einige Stadtverordnete den Antrag auf einstweilige Verfügung, mit dem versucht wurde, die Sitzung nicht stattfinden zu lassen.
Zum Glück ist dieses Anliegen nicht aufgegangen, denn sonst hätten der Haushalt und das Haushaltssicherungskonzept nicht beschlossen werden können. Das hätte zur Folge gehabt, dass wir die wichtigen Investitionen nicht hätten anschieben können. Wir hätten nicht das notwendige Personal z.B. in den Kitas einstellen und damit den Betreuungsschlüssel gewährleisten können und wir hätten den Vereinen keine Mittel auszahlen können.
Es ist der erste Haushalt, den uns unsere neue Bürgermeisterin und die amtierende Kämmerin vorgelegt haben. Neu ist nicht, dass es ein Doppelhaushalt ist, neu ist hingegen, dass es der erste Haushalt ist, der nicht ausgeglichen werden kann. Und das liegt nicht daran, dass der Haushalt "schlechtgerechnet" wurde, wie AfD und Plan B behaupten, nein, das war seit einigen Jahren absehbar. (Vgl. MAZ vom 31.03.2017)
Dafür will ich 5 Belege liefern:
Erster Beleg:
Der Rechnungsprüfer hat uns darauf hingewiesen, dass mehr Umlagen an den Bund (Gewerbesteuerumlage), das Land (FAG) und den Kreis (Kreisumlage) abfließen, als Einzahlungen aus der Gewerbesteuer eingenommen werden. Die Ursache dafür ist der Gewerbesteuerhebesatz. Da dieser in Zossen mit 200 weit unter dem durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz (324%) liegt, und Zossen aber auf der Basis des durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatzes veranlagt wird, zahlen wir Umlagen für fiktive Einnahmen, die wir nicht eingenommen haben. 2017 hatten wir Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 30,9 Mio. €. Davon führten wir an Kreisumlage, Finanzausgleichsumlage und Gewerbesteuerumlage 33,6 Mio. € ab. Das passierte zwar nicht komplett 2017, sondern abgeführt wurden die Mittel in den Ausgleichsjahren 2017 bzw. 2019. 2018 hatten wir Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 42,6 Mio. €. Davon führten wir an Kreisumlage, Finanzausgleichsumlage und Gewerbesteuerumlage 43,4 Mio. € ab. Das System basierte bisher darauf, dass jedes Jahr darauf gesetzt wurde, dass Mehrerträge aus der Gewerbesteuer kommen, und mit diesen Mehrerträgen die wachsenden Umlagen finanziert werden können und die Haushalte ausgeglichen dargestellt werden konnten. Dieses System funktionierte irgendwann nicht mehr. Das war sozusagen ein „Schneeballsystem“. Als solches werden Geschäftsmodelle bezeichnet, die zum Funktionieren eine ständig wachsende Anzahl an Teilnehmern, oder wie hier, ständig wachsende Gewerbesteuereinnahmen benötigten. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.
Zweiter Beleg:
Es wurden die ehemals guten Rücklagen komplett aufgebraucht - noch am 31.12.2015 betrug die Rücklage 17,5 Mio. €. 2017 wurden 7,2 Mio. € aus der Rücklage entnommen und bereits 2016 wurden 5 Mio. € entnommen usw. bis nun nichts mehr da ist. Zuletzt wurde der Rest der Rücklage benutzt, um den Jahresfehlbetrag 2018 auf 14,4 Mio. € zu senken.
Dritter Beleg:
Die Forderungen des Landkreises hinsichtlich der Kreisumlage konnten nur noch aus dem Kassenkredit beglichen werden. Die Kreisumlageforderung aus 2017 konnte erst 2018 vollständig beglichen werden (mit erheblichen Zinsen). Auch 2016 konnten die Umlagen nicht pünktlich beglichen werden, so dass allein 2016 insgesamt 143.000 € Verzugszinsen gezahlt werden mussten.
Vierter Beleg:
Es wurde weniger Investiert als geplant: 2017 wurden 5,5 Mio. € für Investitionen geplant. Tatsächlich investiert wurden hingegen nur 2,2 Mio. €. 2018 standen sogar 13,5 Mio. € im Haushaltsplan. Tatsächlich investiert wurden aber nur 3,5 Mio. € Ab 2015, spätestens aber 2017 hätte man erkennen können, dass die Stadt Zossen in eine Haushaltsschieflage rutschen wird. Es erfolgte keine wirkliche Aufgabenkritik. Hätte man diese Zeichen damals erkannt und gegengesteuert, hätten wir diese Situation, vor der wir heute stehen vermeiden können und wir bräuchten heute nicht über ein Haushaltssicherungskonzept diskutieren.
Fünfter Beleg:
Zuletzt im Nachtragshaushalt 2019 wurde für das Haushaltsjahr 2020 ein Gesamtfehlbetrag von 23.2 Mio. € prognostiziert, 2021 ein Fehlbetrag von 21,6 Mio. € und 2022 ein Fehlbetrag von 22,0 Mio. €. Die damalige Kämmerin und die abgewählte Bürgermeisterin haben es versäumt, dem Finanzausschuss und den Stadtverordneten rechtzeitig Konsolidierungsvorschläge vorzulegen.
Mit dem nun vorliegenden Doppelhaushalt 2020/21 ist es nicht so schlimm gekommen wie im Nachtragshaushalt 2019 für 2020 und 2021 prognostiziert, dennoch gelingt uns der Haushaltsausgleich nicht. 5,7 Mio. € in diesem Jahr, 9,5 Mio. € im kommenden Jahr und auch 2022 wird es keinen Haushaltsausgleich geben. Schon Ab 2023 verbessert sich die Situation hingegen deutlich und wir können die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt wieder erreichen.
Ich denke wenn dieses Konzept aufgeht, ist das kein leichter, aber dennoch ein guter und gangbarer Weg.
- Wir können auch mit dem Haushaltssicherungskonzept wichtige Investitionen anschieben. Fast 8 Mio. € in diesem und im kommenden Jahr (Alter Krug, Zossen; Feuerwehr Gerätehaus Schünow; Feuerwehr Gerätehaus Nunsdorf; Kita Villa Dabendorf; Hort im ehem. FDGB-Heim Zossen; Sanierung Kita Bummi Zossen; Außenanlagen Kita Rappelkiste Wünsdorf; Eingangsbereich Strandbad Kallinchen; Neubau Straße zum Königsgraben; Bahnübergang Wünsdorf).
- Wir können notwendiges Personal z. B. in den Kitas einstellen und damit den Betreuungsschlüssel gewährleisten.
- Und wir können die freiwilligen Leistungen, und damit auch die Mittel für Vereine, auf einem akzeptablen Niveau aufrechterhalten.
Natürlich gibt es, z. B. durch die unkalkulierbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie, auch Unwägbarkeiten, aber die haben derzeit alle Kommunen.