Friedensrundgang in Jüterbog

10.03.2017

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.“

Mit einem Friedensrundgang haben ca. 150 BürgerInnen in Jüterbog am 9. März der Opfer von Krieg und Terror gedacht. Der Spaziergang führte an Mahnmalen vorbei, die an Kriege und ihre Opfer erinnern. Anlass war ein Auftritt des AfD-Politikers Björn Höcke im Bergschlösschen in Jüterbog. Er hatte kürzlich landesweit für Empörung mit seiner so genannten Dresdner Rede gesorgt. Der AfD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag hatte damals im Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin gesagt, die Deutschen seien "das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat".

Aus diesem Grund hat der Friedensrundgang daran erinnert, dass Geschichtsvergessenheit und -umdeutung sowie 'Unsere Nation zuerst'-Rufe uns wieder in ein Zeitalter der Kriege auch in Mitteleuropa führen können. Während des Rundgangs wurden Denk- und Mahnmale in Jüterbog besucht, die an Krieg und Kriegsopfer erinnern.
Solche Töne wie die von Björn Höcke sind der Nährboden dafür, dass man wieder solche Denkmäler bauen muss. Die lauten, schrillen, absichtlich provokanten Tönte führen zu einer Spaltung der Gesellschaft.

Stationen des Friedensrundgangs waren:
• Weltkriegsdenkmal an der Nikolaikirche
• Nikolaikirchgasse in Erinnerung an den dreißigjährigen Krieg
• Marktplatz, Gedenkplatte am Rathaus für die in Konzentrationslagern Umgekommenen
• Mönchenstraße, Stolpersteine, die an jüdische Mitbürger erinnern
• Schillerstraße, Denkmal für die Opfer des Faschismus
• Galgenberg/Ecke Birkenweg, Franzosendenkmal (Ende des Rundgangs)

In der Mönchenstraße ging Pfarrerin Mechthild Falk auf das das Holocaust-Mahnmal in Berlin ein und nannte es ein „Mahnmal der Demut“ im Herzen von Berlin. Auch in Jüterbog gebe es solche Mahnmale. In der Mönchenstraße 33 erinnern 4 Stolpersteine an die Familie des Schuhhändlers Albert Joel. Er und seine Familie wurden Opfer der Judenverfolgung. Federführend dafür war in Jüterbog der damalige NS-Bürgermeister Arved Bergmann. Als er im Juni 1935 sein Amt antrat, startete er sofort eine Einzelaktion gegen jüdische Einwohner.

Bei der Gedenkplatte am Rathaus für die in Konzentrationslagern Umgekommenen, ging Erik Stohn insbesondere auf das Schicksal von Erich Jeserick ein, der 1944 im K.Z. Sachsenhausen ermordet wurde. Der 1897 geborene Jeserick war Begründer und Vorsitzender der KPD-Ortsgruppe Jüterbog und ab 1926 Abgeordneter in der Stadtverordnetenversammlung Jüterbog. Nach 1933 wurde er mehrfach kurzzeitig inhaftiert. In einer der Verhaftungsaktionen nach dem 20. Juli 1944 wurde er erneut verhaftet und in das KZ Sachsenhausen deportiert.

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.“ Dieses Zitat des Schriftstellers Primo Levi ging mir während des Friedensrundgangs nicht mehr aus dem Kopf.

Im Rahmen einer Mahnwache endete der Rundgang in Hörweite zum AfD-Veranstaltungsort Hotel Bergschlösschen.

Der Friedensrundgang wurde unterstützt von Jüterboger BürgerInnen und VertreterInnen von DGB, SPD, LINKE, CDU, Grüne und evangelische Kirche.

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