In Vorbereitung: Вюнсдорф/Wünsdorf erinnert im Juni an den 20. Jahrestag des Abzugs der russischen Truppen aus Deutschland

14.02.2014

Im Rahmen des 20. Jahrestages des Abzugs der russischen Truppen aus Deutschland plant die Bücherstadt-Tourismus GmbH am 11. Juni 2014 eine Gedenkveranstaltung in Wünsdorf.
 
Vor 20 Jahren, im Spätsommer 1994, wurden ganze Regimenter der russischen Truppen in Eisenbahnwaggons verladen und in Richtung Heimat geschickt. Nach 49 Jahren und drei Monaten wurde die Westgruppe der sowjetischen bzw. russischen Armee aus Deutschland abgezogen.
 
Es war eine diplomatische und logistische Meisterleistung. Wie viel russische Soldaten, Offiziere und Familienangehörige in Deutschland waren, lässt sich nicht genau sagen. Die Streitkräfte wurden mehrfach verringert und im Jahr der Wende standen insgesamt etwa 338.800 sowjetische Soldaten sowie 207.400 Zivilangestellte und Familienangehörige in Deutschland. Stab und Verwaltung waren in Wünsdorf in ehemaligen Wehrmachtskasernen untergebracht. Allein hier lebten zwischen 35.000 und 75.000 Sowjetbürger.
 
Bemerkenswert ist auch, dass die politische Wende und der Abzug der Truppen friedlich verliefen. Bei dem Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 griffen noch sowjetische Panzer ein. Dem Prager Frühling in der Tschechoslowakei von 1968 hat das militärische Eingreifen der Sowjetarmee ebenfalls ein Ende gesetzt. Das Oberkommando in Wünsdorf war zwar auch von den Ereignissen im Herbst 1989 beunruhigt, beließ aber die Truppen schließlich in den Kasernen.  Die Rolle Sowjetischer Truppen in der DDR im Herbst 1989 gilt bis heute als wenig erforscht. Mit dem Amtsantritt Michail Gorbatschows im Jahre 1985 verfolgte die Sowjetunion eine neue Politik, die auf Entspannung setzte. Die alte Doktrin, dass die Staaten des Warschauer Vertrages die Möglichkeit haben, in jedes Bruderland einzumarschieren, wenn der Ostblock in Gefahr ist, galt nicht mehr. Zudem waren die sowjetische Führung und auch das Oberkommando in Wünsdorf viel zu sehr von der Entwicklung im eigenen Land verunsichert. Ein direktes Hilfeersuchen der DDR-Regierung an Gorbatschow hat es auch nicht gegeben.
 
Das Jahr 1989 stellte die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland GSSD, ab Juni 1989 Westgruppe der Truppen (WGT) vor eine überraschende Situation. Plötzlich drohte ihr mit der Maueröffnung buchstäblich der Boden unter den Füßen wegzubrechen.
 
Der Abzug der Sowjettruppen wurde schließlich mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag bis zum 31. Dezember 1994 festgelegt, später auf den 31. August 1994 vorgezogen. Insgesamt dauerte der Abzug, der eine  logistische Großaufgabe war, drei Jahre und elf Monate. Neben den 546.200 Soldaten und Offiziere sowie den Angehörigen mussten mehr als 120.000 schwere Waffen und sonstiges militärisches Gerät - insgesamt eine Last von 2,7 Millionen Tonnen nach Russland transportiert werden.
   
Für die Soldaten gestaltete sich die Heimkehr schwierig - sie gingen in ein zerfallendes Reich, das nach dem Scheitern des Sozialismus unter großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten litt.
 
Der Oberkommandierende der Westgruppe der russischen Streitkräfte verließ schließlich am 1. September 1994 das wiedervereinigte Deutschland. Auf dem Militärflughafen Sperenberg wurde zunächst die russische Flagge eingeholt, bevor Generaloberst Matwej Burlakow ins Flugzeug stieg und nach Moskau flog. Die russischen Truppen waren schon einen Tag zuvor, am 31. August 1994, offiziell verabschiedet worden. Damit war die fast ein halbes Jahrhundert dauernde Stationierung russischer Militärs auf deutschem Boden beendet.
 
Die Zustimmung der Sowjetunion und der damit verbundene Truppenabzug hat Deutschland insgesamt etwa 20 Mrd. D-Mark gekostet.
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Im Land Brandenburg, das die ausgedehntesten russischen Liegenschaftsflächen hat, ist inzwischen Ernüchterung eingekehrt. Besonders betroffen war bzw. ist der Landkreis Teltow-Fläming. Die großen ehemaligen Militärliegenschaften, konzentrieren sich im Landkreis auf rund 18 % der Kreisfläche. Das sind fast ein Fünftel der militärischen Konversionsflächen Brandenburgs. Neben Wünsdorf, dem ehemaligen Sitz des Oberkommandierenden der WGT in Deutschland, befinden sich große Truppenübungsplätze bzw. Liegenschaften in Jüterbog, Sperenberg, Rehagen, Rangsdorf, Glau und anderen Orten.
 
Die Konversion dieser Liegenschaften kommt jedoch nicht so voran, wie es ursprünglich erhofft wurde. Das frühere russische Hauptquartier in Wünsdorf ist 20 Jahre nach dem Abzug der Truppen trotz enormer Investitionen erst zu einem Teil vermarktet. Wohnungen wurden hergerichtet und einige Landesbehörden angesiedelt. Doch das ganz große Interesse an der Nachnutzung des Areals blieb aus.
 
Die 3.500 ha große Liegenschaft Sperenberg/Kummersdorf konnte jahrelang auf Grund des Konsensbeschlusses der drei Flughafengesellschafter BBI/BER aus dem Jahre 1996 nicht entwickelt werden, weil diese Liegenschaft als Option für den Standort des Berliner Flughafens offen gelassen werden sollte. Jetzt befindet sich die Liegenschaft im Landesbesitz, die Nachnutzung ist bislang immer noch offen. 
 
Die Liegenschaftsfläche der ehemaligen Bücker-Flugzeugwerke in Rangsdorf konnte bislang ebenfalls nur zum Teil in neue Nutzungen überführt werden. Teile des denkmalgeschützten Areals wurden durch private Investoren saniert. Zwischenzeitlich entstand zudem ein Wohngebiet auf dem Areal.
 
Die großen Truppenpübungsplätze bei Wünsdorf und Jüterbog wurden große Naturschutzgebiete. Jüterbog (West) steht heute als Bestandteil des Naturparks Nuthe-Nieplitz unter Naturschutz und ist das in Deutschland größte Totalreservat mit einer der letzten aktiven Flugsanddünen im deutschen Binnenland.
 
In Wünsdorf hält die Bücherstadt-Tourismus GmbH die Geschichte am Leben. Es gibt das Museum „Roter Stern“ und das Garnisonsmuseum. Führungen durch die Bunkeranlagen Maybach und Zeppelin sowie Führungen „Rund um Lenin“ werden angeboten und gut besucht.
 
Insofern liegt es nahe, den 20. Jahrestag des Abzugs der russischen Truppen aus Deutschland in Wünsdorf, dem ehemaligen Oberkommando der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, zu begehen. Zu würdigen ist, dass die Bücherstadt-Tourismus GmbH die Gedenkveranstaltung am 11. Juni 2014 organisiert und mit der russischen Botschaft koordiniert.

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